KI, Data Science und Digitale Zwillinge

Foto: ATB

Künstliche Intelligenz, Data Science und Digitale Zwillinge

Digitale Werkzeuge für die Bioökonomie

Informationsgetriebene Prozesse finden zunehmend Eingang in die Agrar- und Ernährungswirtschaft und damit in die Bioökonomie.
Satelliten, mobile und stationäre Sensoren und Sensorsysteme liefern bereits heute riesige Datenmengen, die aktuell für meist spezifische Anwendungen und lineare Wertschöpfungsketten genutzt werden.

Hochkomplexe Interaktionen verstehen und nutzbar machen

Eine nachhaltige und zirkuläre Bioökonomie basiert auf hochkomplexen Interaktionen und Nutzungspfaden einer Vielzahl von Prozessen, Produkten und Reststoffen.
Unser Ziel ist es, die Komplexität dieser stark vernetzten und interagierenden bioökonomischen Produktionssysteme zu verstehen und mithilfe einer wissensbasierten, dynamischen und anpassungsfähigen Prozesssteuerung nutzbar zu machen. Künstliche Intelligenz (KI), Data Science (DS) und Digitale Zwillinge (DZ) sind dabei elementare Werkzeuge, die dabei unterstützen, die anfallenden riesigen Datenmengen auszuwerten, Lösungsansätze zu erarbeiten und für die Praxis anwendbar zu machen

Künstliche Intelligenz …

Mithilfe von KI-Technologien lassen sich große Mengen biologischer Daten sowie Daten der technischen und natürlichen Umwelt analysieren und Muster und komplexe Zusammenhänge identifizieren, um daraus selbstständige Lösungen für eine Entscheidung oder weitere Arbeitsschritte abzuleiten. Bereits heute finden sich KI-Anwendungen in der Praxis, beispielsweise in Form von autonomen Fütterungs- und Melkrobotern oder von Traktoren und Erntemaschinen, die in der Lage sind, ihre Arbeitsprozesse selbstständig durchzuführen und sich an veränderte Bedingungen anpassen.
KI hat das Potenzial, die Effizienz, Nachhaltigkeit und Innovationskraft bioökonomischer Prozesse erheblich zu steigern. Zudem knüpfen sich auch Erwartungen an KI, innovative Lösungen für globale Herausforderungen wie den Klimawandel, die Ernährungssicherheit und die Ressourcenknappheit hervorzubringen.

… transparent und nachvollziehbar?

Methoden des maschinellen Lernens unterstützen eine präzisere Vorhersage von biologischen Prozessen und die intelligente Automatisierung von Verfahren. Aber wie nachvollziehbar sind die Ergebnisse, die die KI aus bekannten Ausgangsdaten errechnet und bilden die Trainingsdaten die Realität repräsentativ ab?
Am ATB liegt ein Forschungsfokus auf der erklärbaren Künstlichen Intelligenz und der Entwicklung von Methoden, die ein ganzheitliches Verständnis des Verhaltens eines KI-Modells ermöglichen. Der Einsatz von sogenannten Bayesianischen Neuronalen Netzwerken ermöglicht es beispielsweise, Informationen über die Unsicherheiten der vom KI-System getroffenen Entscheidungen zu erhalten und diese dann im Anschluss für Menschen nachvollziehbar darzustellen. Werden beispielsweise in der Bildanalyse die relevanten Bereiche in einem Bild gekennzeichnet, die wesentlich zur Entscheidung des KI-Systems beigetragen haben, lassen sich einzelne Entscheidungen des Systems nachvollziehen und mögliches Fehlverhalten reduzieren.

Digitale Zwillinge

Digitale Zwillinge sind virtuelle Nachbildungen ganzer Systeme mit einer bidirektionalen Verbindung zum physischen Kontrollsystem. Die Fähigkeit, das reale System zu simulieren und Rückmeldungen dieses realen Systems zu erhalten, macht Digitale Zwillinge zu einem leistungsfähigen Werkzeug für die Bewältigung hochkomplexer (Regelungs-)Systeme und Strategien. Bisher wurden Digitale Zwillinge meist auf industrielle Systeme mit klar definierten Start- und Endpunkten und genau beschriebenen kausalen Abhängigkeiten von physikalischen oder chemischen Effekten und geschlossenen Prozessregelkreisen angewandt. 
Kreislaufsysteme der Bioökonomie stellen die Entwicklung von digitalen Zwillingen vor neue Herausforderungen. Denn an der Schnittstelle von Biologie und Technik ist auch eine Vielzahl verschiedener Lebewesen an der Erzeugung und Umwandlung von Biomasse beteiligt. Diese Systeme sind zudem an sehr unterschiedliche Standortbedingungen gebunden und zeichnen sich durch ein hohes Maß an räumlich-zeitlicher Heterogenität, Variabilität und Individualität aus. Für bioökonomische Kreislaufsysteme ist es erforderlich, natürliche, oft stochastische Prozesse zu steuern sowie ein breites Spektrum an Rückkopplungsschleifen von Echtzeit- bis Langzeitreaktionen abzudecken. Auch rechtliche Auswirkungen sollten Berücksichtigung finden.
Diese Besonderheiten von bioökonomischen Kreislaufsystemen stellen bei der Entwicklung von Digitalen Zwillingen hohe Anforderungen an die komplexen Aufgaben der Sensorik, Datenerfassung, Datenanalyse, Wissensgewinnung, Modellierung, Simulation, Entscheidungsfindung und automatisierten Rückkopplung. Um funktionsfähige und zuverlässige Digitale Zwillinge für Anwendungen in der Agar- und Ernährungswirtschaft und der Bioökonomie zu entwickeln, ist ein breites Spektrum an interdisziplinärem Fachwissen erforderlich: von der Datenwissenschaft bis zur Agrartechnik, von der Sensortechnologie bis zu mikrobiologischen und physiologischen Prozessen, von der eingebetteten Programmierung bis zur Prozesssimulation, vom Hardware Design bis zur Lebenszyklusbewertung.

Beispiele aus unserer Forschung

Pflanzenbau

Am ATB forschen wir unter anderem zum Einsatz von KI im Pflanzenbau, beispielsweise um spezifische Unkräuter im Feld zu erkennen (Beispiele weed-AI-seekBetter-Weeds), um Krankheiten und Schädlinge rasch und frühzeitig zu identifizieren und gezielt bekämpfen zu können (PräzisionsPS) oder um mit einer KI-basierten Signalverarbeitung verborgene Hindernisse in Grünland und Getreidekulturen automatisiert erkennen zu können (MIKIM). 
Hier stehen methodische Fragen der intelligenten Bildanalyse und der Entwicklung von smarten Sensoren und Sensornetzwerken zur digitalen Erfassung von Umweltbedingungen sowie des Zustands von Boden, Pflanze und Produkt im Fokus. Diese digitalen Methoden tragen zur Weiterentwicklung der sensorbasierten Prozesssteuerung und -automatisierung bei - eine Voraussetzung für die Steuerung komplexer Systeme innerhalb einer zirkulären Bioökonomie.

Zunehmend rückt auch das Zusammenspiel von KI und Robotik in unseren Forschungsfokus (Beispiele JaetRobi, MIKIM). Ein kürzlich am ATB entwickelter Roboter (Projekt SunBot, Youtube-Video) ermöglicht es Landwirten, Pflegemaßnahmen in Strauchbeerenanlagen künftig automatisiert und energieautark durchzuführen. 

Tierhaltung

In der Tierhaltung kann KI helfen, die Gesundheitsdaten von Nutztieren auszuwerten, um beispielsweise die Haltungsbedingungen im Sinne von mehr Tierwohl zu steuern, Stressbedingungen und Infektionskrankheiten besser zu erkennen und die Mechanismen der Übertragung und Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen in die Umwelt besser zu verstehen und abzumildern. Wir nutzen Methoden der Data Science zum Monitoring, zur Überwachung, Simulation und Automatisierung in Echtzeitmodellen und bidirektionalem Informationsfluss (DT), um beispielsweise das  Stallklima in natürlich belüfteten Milchviehställen zu steuern und digitale Lösungen für eine bessere Entscheidungsfindung in der Tierhaltung zu entwickeln. (Beipiele: KAMIDigiMuh, InnoRind, HorseWatch, DaVaSus)
Im Projekt RES4LIVE entwickeln wir mit Hilfe von Digitalen Zwillingen ein energieeffizientes Hybridsystem zur Klimatisierung von natürlich belüfteten Milchviehställen, um Hitzestress wirksam zu reduzieren. Um die Reaktion der Tiere auf Hitzestress vorhersagen zu können, nutzen wir bekannte mechanistische Modelle und kombinieren diese mit sensordatenbasierten Algorithmen (informed machine learning). Dazu integrieren wir physiologische, verhaltens- und leistungsbezogene Reaktionen der Kühe auf Hitzestress und identifizieren über nichtlineare Beziehungen sensible Hitzestressindikatoren mit ihren Schwellenwerten. Diese Informationen dienen der Steuerung des Luftdurchsatzes und der Kühlung der Zuluft. Simulationstechnik unterstützt uns dabei, bessere Daten über den Wärmetransport im Aufenthaltsbereich der Tiere zu generieren und damit Lüftungssysteme sowohl a priori als auch hinsichtlich ihrer Steuerung und Regelung zu optimieren.

weitere Beispiele

Auf Basis bestehender sensor- und modellbasierter Ansätze entwickeln wir voll funktionsfähige Digitale Zwillinge für die adaptive und hochautomatisierte Prozesssteuerung.
Beispielsweise entwickeln wir für ein intelligentes Trocknungssystem einen Digitalen Zwilling, der auf einem hybriden Steuerungsmodell basiert. Damit sollen Trocknungsprozesse im Hinblick auf Produktqualität und Energieeffizienz verbessert werden. 
Für den Bereich der Biomasseproduktion entwickeln wir KI-basierte Modelle auf Grundlage der Datenanalyse und Modellierung von LiDAR- und Bilddaten mit dem Ziel, einen Digitalen Zwilling zu schaffen, der helfen soll, das Biomassepotenzial von Agroforstsystemen präzise zu bestimmen (Projekt TreeDigitalTwins).

Joint Lab Künstliche Intelligenz und Data Science (JL-KI.DS)

Im April 2023 starteten das ATB und die Universität Osnabrück (UOS) das Joint Lab Künstliche Intelligenz und Data Science (JL-KI.DS).
Ziel der gemeinsamen Forschungsgraduiertenschule ist es, das Fachwissen der UOS in den Bereichen künstliche Intelligenz, Datenanalyse, Rechts- und Systemwissenschaften mit der Expertise des ATB unter anderem in den Bereichen Agrar-, Natur-, Umwelt- und Ingenieurwissenschaften zu bündeln, um Technologien für die Agrar- und Ernährungswirtschaft und Bioökonomie zu entwickeln.
Im JL-KI.DS erhalten junge Talente intensive fachliche Betreuung durch erfahrene Wissenschaftler*innen mit Expertise in den Bereichen Agrartechnik, Technologiebewertung, Bioökonomie und Data Science.

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