Tierwohl und Tierschutz
Zentrales Anliegen unserer Forschung mit und zu Nutztieren ist es, deren Haltungsbedingungen im Sinne des Tierwohls zu verbessern und Lösungen für eine nachhaltige und tiergerechte Nutztierhaltung abzuleiten (siehe auch Thema "One Health").
Eine tiergerechte Haltung verlangt eine individuelle und situative Versorgung, in der die Tiere ihr Normalverhalten ausführen können und Stress vermieden wird. Dafür müssen wir die Tiere und ihre Bedürfnisse im Hinblick auf Gesundheit, Verhalten, Wahrnehmung und Bewertung der Umwelt besser verstehen.
Im Fokus unserer Forschung stehen u.a. das digitale Tierwohl-Monitoring und die Nutztier-Umwelt-Interaktion. Die erarbeiteten Erkenntnisse dienen dazu, Bedürfnisse der Nutztiere und Umweltbedingungen besser in Einklang zu bringen und umweltbedingten Stress z.B. durch Wetterextreme mit Hilfe verbesserter Haltungssysteme frühzeitig zu erkennen und abzumildern.
Das ATB besitzt keinen eigenen Tierbestand. Allerdings werden für Versuche mit Insekten als alternative Bioressource temporär Bestände mit relativ wenigen Tieren gehalten.
In unserer Forschung führen wir im Rahmen der Forschungskooperationen Versuche mit Nutztieren von Praxispartnern in bestehenden Haltungssystemen durch, i.d.R. mit Rindern, Schweinen, Pferden und Hühnern. Tierindividuelle Anpassungsreaktionen wie Leistung, Vitalität, Krankheit, Stress und Verhalten erfassen wir mit Hilfe verschiedener nicht-invasiver Sensoren, die beispielsweise mit dem Halsband, Bauchgurt oder an der Fessel am Tier befestigt werden. Zum Einsatz kommt auch ein Pansen-Bolus zur Messung u.a. des Trink-, Wiederkau- und Aktivitätsverhaltens bei Rindern. Der Sensor wird vom Tier geschluckt und verbleibt dann dauerhaft im Pansen. Ergänzt werden die Untersuchungen durch Videoaufnahmen und Klima-Sensoren.
Die Mehrzahl unserer Versuche mit Tieren sind nicht genehmigungspflichtig. Alle Untersuchungen erfolgen in vorheriger enger Abstimmung mit dem für Tierschutz zuständigen Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) des Landes Brandenburg.
In unserer Forschung mit essbaren Insekten orientieren wir uns im Hinblick auf Platzbedarf, artgerechte Haltung, geeignetes Futter und angemessene Inaktivierung am aktuellen Kenntnisstand der Forschung und folgen dabei einer tierethischen Betrachtung, die alle Lebewesen gleichermaßen einschließt.
Tierschutzrechtlich sind wirbellose Lebewesen wie Insekten bisher nicht geschützt (Ausnahme sind Panzerkrebse und Tintenfische), auch Haltungsvorschriften existieren in Deutschland bisher nicht. Hier besteht noch erheblicher Forschungsbedarf. Unsere Forschung trägt dazu bei, das Wissen um artgerechte Haltungsformen voranzubringen.
Tierschutzbeauftragte am ATB:
Dr. med. vet. Gundula Hoffmann