Paludikultur

Foto: Carsten Lühr/ATB

Paludikultur

Technik und Innovation für wiedervernässte Niedermoorstandorte

 

Paludikultur ist die landwirtschaftiche Nutzung von nassen oder wiedervernässten Moorböden.

Intakte Moore sind enorme Kohlenstoffspeicher. Mit 450 Gigatonnen ist in ihnen mehr Kohlenstoff gespeichert als im gesamten Waldbestand der Erde. An vielen Standorten wurden Moore jedoch entwässert, um die Flächen landwirtschaftlich zu nutzen oder um Torf abzubauen. Mit der Entwässerung werden die über Jahrtausende gebildeten Torfe belüftet und mikrobiell abgebaut, was zu einer Freisetzung enormer Mengen des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid führt. 37 Prozent der CO2-Emissionen aus der Landwirtschaft kommen von ehemaligen Moorböden, obwohl diese nur sieben Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausmachen. Auch in Brandenburg ist ein Großteil der Moorflächen entwässert und mit mehr als 30 Tonnen CO2-Äquivalente pro Hektar und Jahr für hohe Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Wiedervernässen!

Damit auch in Zukunft Moore als Kohlenstoff- und Wasserspeicher wirken, empfiehlt etwa FAO MICCA (FAO 2012) und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina (Stellungnahme 2024), trockengelegte Flächen wiederzuvernässen und durch Paludikultur zu bewirtschaften, d.h. die nassen oder wiedervernässten Moorböden landwirtschaftlich zu nutzen. Entsprechend ist die Wiedervernässung von Mooren ein zentraler Bestanteil des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz in Deutschland (BMUV 2023).

Nach der Wiedervernässung dominieren auf den Flächen dann jedoch andere Pflanzenarten wie Schilf, Seggen, Rohrglanzgras, Gehölze wie die Schwarzerle oder auch Kräuter wie Fieberklee und Baldrian.

Gesucht: Attraktive und praktikable Bewirtschaftungsformen für Paludikultur

Für eine Umstellung auf eine moorschonende bzw. moorerhaltende Bewirtschaftung fehlt es derzeit noch an praktikablen und rentablen Beispielen.

Das ATB arbeitet intensiv an Lösungen zum Moorschutz und hat u.a. an Möglichkeiten zur Herstellung von Biokohle als Torfersatz gearbeitet.

Aktuell konzentriert sich die Forschung in mehreren Projekten (siehe unten) insbesondere darauf, gemeinsam mit den Nutzern Strategien und Lösungen für eine an hohe Wasserstände angepasste Bewirtschaftung zu entwickeln und auskömmliche, attraktive Verwertungsmöglichkeiten für Moorbiomasse in regionalen Wertschöpfungsketten zu etablieren.

Im Sinne einer kaskadischen Biomassenutzung geht es dabei vorrangig um eine stoffliche Verwertung, die gegenüber der energetischen Nutzung eine höhere Wertschöpfung mit besserer Klimabilanz verspricht. 

Das ATB hat jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Technik- und Verfahrensentwicklung für die Fasergewinnung, beispielsweise aus Hanf oder Nessel, und nutzt diese Expertise und seine Infrastruktur, um einerseits etablierte Verfahren anzupassen sowie für die besonderen rohstoffspezifischen Anforderungen von Paludikultur-Pflanzen neue Lösungen zu entwickeln.

Nachhaltige Biomaterialien aus Moorbiomasse

Moorpflanzen lassen sich zu einer großen Vielfalt an nachhaltigen Produkten verarbeiten, beispielsweise zu ökologischen Baustoffen, Torfersatzstoffen für Bodensubstrate, Einstreupellets, Papier, Verpackungen oder Einweggeschirr. Ausgangsmaterial ist die Biomasse von Seggen, Kalkbinsen, Schilf, Typha (Rohrkolben), Rohrglanzgras und einer Reihe weiterer Kulturen.

Erste, von den Arbeitsgruppen "Verfahrenstechnik für Faserpflanzen" und "Verfahrenstechnik für Energiepflanzen" am ATB durchgeführte Arbeiten und die daraus entstandenen Produktmuster sind vielversprechend.

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Themen-Expert*in

Dr.-Ing. Pecenka, Ralf

Arbeitsgruppenleiter Verfahrenstechnik für Energiepflanzen


Abteilung: Systemverfahrenstechnik

E-Mail: RPecenka@spam.atb-potsdam.de

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