Die Aufbereitung betriebseigenen Biogases zu Biomethan/Bio-CNG bietet großes bioökonomisches Potenzial, um in der Landwirtschaft fossile Energieträger, wie Diesel oder Erdgas, vollständig zu ersetzen. Im Rahmen des EU-Projektes RES4LIVE (Energy Smart Livestock Farming towards Zero Fossil Fuel Consumption) wurde nun erstmals eine Pilotanlage zur Aufbereitung von Biogas zu Biomethan/CNG und zur Betankung von Serientraktoren mit Methanantrieb konzipiert, die dezentral und autark auf einem Betrieb genutzt werden kann. Mit nachhaltig erzeugtem Biogas aus betriebseigenem organischem Wirtschaftsdünger wird die Kraftstoffversorgung unabhängig, Treibhausgas-Emissionen lassen sich deutlich verringern. Diese Errungenschaft wird nun auf der European Commission's Innovation Radar Plattform als exzellente Schlüsselinnovation gelistet.
Die Bio-CNG-Pilotanlage ist das Ergebnis intensiver Forschungszusammenarbeit im Rahmen des RES4LIVE-Projekts, das darauf abzielt, die Tierhaltung an verschiedenen europäischen Standorten energieautark und fossilfrei zu gestalten. Die Anlage wurde auf dem Gelände des landwirtschaftlichen Projektpartners Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. in Groß Kreutz errichtet, bereitet das betriebseigene Biogas zu Biomethan/Bio-CNG auf und ermöglicht so einen vollständigen Ersatz fossiler Energieträger für mobile Antriebe in der Landwirtschaft.
Die innovative Komplettanlage wurde in gemeinsamer Entwicklung mit dem Maschinen- und Anlagenbauer BioG GmbH erstmals in der Größe von 10-35 Nm3 wirtschaftlich marktverfügbar gemacht. Dies wurde durch innovative Vereinfachungsschritte wie eine 2-in-1 Hybridkompression, eine einstufige Hohlfasermembranaufbereitung und eine offene Rahmenbauweise mit stark reduzierten Ex-Bereichen erreicht. Auch nach Projektende ist ein dauerhafter Betrieb der Tankstelle und des auf Gasbetrieb umgerüsteten Hoftraktors im Rahmen des Leibniz-Innovationshofs für nachhaltige Bioökonomie (InnoHof) zu Lehr- und Demonstrationszwecken geplant.
"Wir freuen uns sehr, dass eine unserer Innovationen vom European Commission's Innovation Radar analysiert und als wichtiger Schritt zur Defossilisierung der Landwirtschaft anerkannt wurde", sagte Prof. Thomas Amon, Projektleiter am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB), einer der 17 Projektpartner von RES4LIVE.
Hierbei wurde die Bio-CNG-Anlage als "Tech Ready" – also technisch ausgereift und einsatzbereit – eingestuft. Das Potenzial für die Schaffung eines neuen Marktes wurde außerdem als "hoch" bewertet.
Das RES4LIVE-Projekt zeigt, dass die Biogasnutzung in der Landwirtschaft nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch umweltfreundlich ist. Durch die Integration von Bio-CNG-Technologien können landwirtschaftliche Betriebe langfristig nicht nur ihre Energiekosten senken, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
„Die praktische Nutzung von aus Gülle und organischen Futterresten eigenerzeugtem betriebseigenem Biogas als Kraftstoff zeigt, dass die Tierhaltung und Landwirtschaft nicht ein Problem fürs Klima, sondern ein wichtiger Teil der Lösung ist“, sagte Detlef May, Geschäftsführer und Betreiber der Anlage in der LVAT.
Im Rahmen des Projekts fand am 30. April 2024 am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) in Potsdam ein Workshop statt, der einen umfassenden Einblick in die wirtschaftlichen und technischen Aspekte von BioCNG-Hoftankstellen gab. Zum Abschluss hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, die Pilotanlage zur Aufbereitung von Biogas zu Biomethan/CNG und zur Betankung von Traktoren mit Methanantrieb an der LVAT in Groß Kreutz zu besichtigen, sowie Traktoren mit Methanantrieb, davon einen von Diesel auf CNG umgerüsteten Serientraktor, in Aktion zu erleben. Die Umrüstung des Motors erfolgte durch den RES4LIVE Partner CRMT.
Die Referent*innen aus Industrie, Beratung und Forschung präsentierten ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zu Themen wie der Zertifizierung von Bio-Methan als nachhaltigen Treibstoff, den Anforderungen an betriebseigene CNG-Tankstellen und die Potenziale von Bio-CNG-Tankstellen im Agrarsektor.
Die Bio-CNG-Anlage wird in Kürze auf der European Commission's Innovation Radar Plattform gelistet sein und steht damit für interessierte Gruppen zur Verfügung.
Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Amon
Abteilungsleiter Sensorik und Modellierung
Telefon: +49 331 5699-510
E-Mail: tamon@atb-potsdam.de
Detlef May
Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT)
Telefon: +49 33207 32252
E-Mail: LVATGrossKreutz@web.de
Dr. Ulrike Glaubitz
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +49 331 5699-820
E-Mail: presse@atb-potsdam.de
Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) ist Pionier und Treiber der Bioökonomieforschung. Wir schaffen wissenschaftliche Grundlagen für die Transformation von Agrar-, Lebensmittel-, Industrie- und Energiesystemen in eine umfassende biobasierte Kreislaufwirtschaft. Wir entwickeln und integrieren Technik, Verfahren und Managementstrategien im Sinne konvergierender Technologien, um hochdiverse bioökonomische Produktionssysteme intelligent zu vernetzen und wissensbasiert, adaptiv und weitgehend automatisiert zu steuern. Wir forschen im Dialog mit der Gesellschaft – erkenntnismotiviert und anwendungsinspiriert. www.atb-potsdam.de
Die Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT) ist praktizierender Landwirtschaftsbetrieb als wirtschaftlicher Zweckbetrieb eines gemeinnützigen eingetragenen Vereins. Die LVAT bewirtschaftet rund 900 ha im Landkreis Potsdam-Mittelmark zur eigenen Futtererzeugung und als Basis für verschiedene Forschungsprojekte. Als Betrieb mit Schwerpunkt auf Tierzucht und Tierhaltung hält die LVAT diverse Tierbestände (Milchvieh, Mutterkühe, Mastbullen, Schweine, Schafe, Ziegen). Der Betrieb erprobt regelmäßig Innovationen, pflegt langjährige Kooperationsbeziehungen mit Forschungseinrichtungen und ist erfahren in der Durchführung von On-Farm-Versuchen. Die LVAT und das ATB verbindet eine besonders enge, langjährige Zusammenarbeit, die seit 2021 mit dem Leibniz-Innovationshof für nachhaltige Bioökonomie (InnoHof) in eine neue Dimension eingetreten ist.