Ein Team von Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie, der Frankenförder Forschungsgesellschaft und der Humboldt-Universität zu Berlin hat die Wirkung von Grünpflanzen auf die Umweltbedingungen in einem Ferkelstall, insbesondere auf die Konzentration an Schadgasen wie Ammoniak untersucht. Grünpflanzen in Ställen könnten hohe Ammoniakkonzentrationen reduzieren helfen und zur Schaffung einer angenehmen Umgebung sowohl für die Tiere als auch für die Stallarbeitskräfte beitragen. Die Ergebnisse wurden vor Kurzem in der Fachzeitschrift Atmosphere veröffentlicht.
96 Prozent der anthropogenen Ammoniak (NH3)-Emissionen in Europa stammen aus der Landwirtschaft, zu 75 % aus der Tierhaltung. Als besonders kritisch sind Ställe und Güllelager zu sehen, denn Ammoniak wird hauptsächlich aus den Exkrementen freigesetzt. Die NH3-Konzentration in Schweineställen können beträchtlich sein, da die Tiere meist in belüfteten und beheizten geschlossenen Ställen gehalten werden. Angesichts des Risikos chronischer und akuter Atemwegserkrankungen für Tier und Mensch im Zusammenhang mit hohen NH3-Konzentrationen in Schweineställen wird derzeit diskutiert, die Grenzwerte für die NH3-Konzentration in Schweineställen weiter zu senken (auf 7 ppm für Menschen und 11 ppm für Tiere).
Zur Verringerung der Schadgasemissionen können neben baulichen Maßnahmen z. B. Bodengestaltung, ein verbessertes Güllemanagement und eine gezielte Ernährungsstrategie im Sinn einer effizienten Proteinverwertung beitragen. Ob auch eine Stallbegrünung zur Reduzierung der Ammoniakkonzentration im Schweinestall beitragen können, dieser Frage sind Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie, der Frankenförder Forschungsgesellschaft und der Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen des EIP-Projekts ‚Stallgrün‘ nachgegangen. Grünpflanzen in Ställen könnten hohe Gaskonzentrationen reduzieren helfen, da sie in der Lage sind, Schadstoffe aus der Luft über die Spaltöffnungen der Blätter aufzunehmen und zu verstoffwechseln.
Die Untersuchungen fanden in einem Schweinebetrieb in Brandenburg unter realen Produktionsbedingungen statt. Zwei homogene Gruppen vier Wochen alter Ferkel (je 147 Tiere) bezogen im Sommer für die Dauer von acht Wochen zwei separate Stallabteile mit je acht Buchten. Eines der beiden Abteile wurde mit 175 Zierpflanzen (9 verschiedene Pflanzenarten) begrünt. Die Pflanzen wurden in vorgefertigte Rohre gepflanzt und in zwei Reihen über der Heizungsanlage in einer für die Tiere unerreichbaren Höhe aufgehängt. Das zweite Stallabteil ohne Pflanzen diente als Kontrolle. Für einen zweiten Versuch im Winter wurde die Anzahl der Pflanzen um 50 % auf insgesamt ca. 260 erhöht.
Die Pflanzen und die damit verbundene Bewässerung erhöhten die relative Luftfeuchtigkeit im Sommer-Herbst um etwa 9 % und im Winter um 6 %. Die Tiere im begrünten Stall waren nach den acht Wochen im Vergleich zur Kontrolle jeweils etwa 6 % schwerer. Die gemessenen NH3-Konzentrationen waren mit 6 ppm im stündlichen Mittel in beiden Ställen insgesamt eher niedrig, wobei in beiden Experimenten (Sommer-Herbst und Winter) die NH3-Emissionen im begrünten Stall um etwa 20 % niedriger waren als in der Kontrolle. Dieser Unterschied lag jedoch im Bereich der Messunsicherheit (0,5-1 ppm) bei niedrigen NH3-Konzentrationen.
„Auch wenn unsere Studie keine eindeutige Aussage hinsichtlich der Minderung der Ammoniakkonzentration zulässt haben die Ergebnisse doch gezeigt, dass in bestehenden Stallsystemen Grünpflanzen die Haltungsumwelt für die Tiere insgesamt positiv beeinflussen“, erklärt ATB-Wissenschaftlerin Dr. Martina Jakob. „Um diesen Ansatz weiter verfolgen zu können, sollte der Forschungsfokus künftig stärker auf dem Einfluss der Einzelpflanzen sowie geeigneter Arten liegen, wobei auch Lufttemperatur und -feuchtigkeit, Belüftungsrate, Luftstaub oder selbst die Art des Pflanzsubstrats entscheidend sein könnten“, so Martina Jakob.
Das EIP Projekt „Innovative Stallbegrünungssysteme in der Tierhaltung zur Verbesserung des Tier- und Umweltschutzes" (StallGrün) wurde von der Frankenförder Forschungsgesellschaft mbH koordiniert. Das Projekt wurde durch das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg aus Mitteln der Europäischen Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit" (EIP-AGRI) gefördert. Die Finanzierung von EIP-AGRI Projekten erfolgt über das Rahmenprogramm H2020 und aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).
Originalpublikation (open access)
Menardo S, Berg W, Grüneberg H, Jakob M. (2021) Can Green Plants Mitigate Ammonia Concentration in Piglet Barns? Atmosphere 12(9): 1150 https://doi.org/10.3390/atmos12091150
Kontakt ATB: Dr. Martina Jakob