19. Nov. 2019: Inkompatible Daten und Schnittstellen von digitalen Anwendungen sind ein großes Ärgernis für Landwirte und hemmen die wirtschaftliche Entwicklung der Branche. Über Lösungen tauschten sich gestern Vertreter aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Industrie und Politik anlässlich einer Podiumsdiskussion aus, zu der das ATB und der Landesbauernverband Brandenburg im Rahmen des Projektes DiLan (Kommunikationshub Digitale Landwirtschaft) eingeladen hatten.
„Komplexität ist die Herausforderung, Information ist ein Geschenk“, mit diesem Zitat von Prof. G. Hirschfelder eröffnete Prof. Dr.-Ing. Cornelia Weltzien, stellvertretende wissenschaftliche Direktorin am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie, die Veranstaltung. Der Aufwand für eine nachhaltige, wissensbasierte landwirtschaftliche Produktion sei enorm. Die hierfür erforderlichen Schritte seien jedoch nicht nur in technischer Weiterentwicklung zu sehen. Neben der Förderung von Forschung und Transfer seien Politik und Administration gefragt, mit der Gestaltung entsprechender Rahmenbedingungen für Stabilität und Investitionssicherheit in der Branche zu sorgen und entsprechende Aus- und Weiterbildungsangebote für den digitalen Transformationsprozess zu etablieren.
„Verstärkte Kooperationen von Forschung und Industrie können den Prozess der Digitalisierung in der Landwirtschaft beschleunigen, wenn es gelingt, den Transferprozess durch konkrete Projekte wie Demonstrationsbetriebe, Experimentierfelder und Start-up Inkubatoren zu fördern“, regte ATB-Wissenschaftlerin Weltzien an.
Impulse von Ralf Kalmar vom Fraunhofer Institut für Experimentelles Software Engineering IESE und Dr. Martin Kunisch, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft, sowie das Grußwort von Dr. André Göbel, DigitalAgentur Brandenburg, führten in das Thema ein. In der anschließenden Diskussion standen Hemmnisse und Lösungsansätze für den Weg aus dem Datendickicht im Mittelpunkt und daraus abgeleitet auch Forderungen an die Politik.
Dr. Thomas Gäbert, Vorstand der Agrargenossenschaft Trebbin, beschrieb den Status Quo in der Nutzung digitaler Information für seinen Betrieb. Es gebe kaum Schnittstellen zwischen den verschiedensten öffentlich zugänglichen und marktverfügbaren Datenplattformen. Deren Nutzung sei dadurch immens erschwert, die Übertragbarkeit von Informationen für komplexe Zustandsbeschreibungen und Anwendungen sei nahezu unmöglich. „Wir wünschen uns einen einheitlichen Kommunikationsstandard, der den Datenaustausch zwischen allen bestehenden Plattformen ermöglicht. Kommerzielle und staatliche Stellen sollten dabei gleichermaßen einbezogen werden“, forderte Gäbert.
Henrik Wendorf, Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg ergänzte, es sei wichtig, unabhängige Informationsangebote vorzuhalten, um der Abhängigkeit von Landwirten von einzelnen kommerziellen Anbietern entgegenzuwirken. Er hob zudem hervor, dass aktuell ein Großteil digitalisierter Arbeiten für administrative Zwecke im Sinne der Dokumentationspflicht notwendig sei und warnte davor, die Bürokratie auf Basis der technischer Möglichkeiten weiter auszubauen. Digitalisierung dürfe nicht noch weiter im Sinne der Kontrolle und Überwachung sondern vordringlich für eine wissensbasierte und ressourceneffiziente Produktion zum Einsatz kommen.
Klaus Herbert Rolf, Network Manager CLAAS KGaA / 365 FarmNet, beschrieb die aktuellen Aktivitäten der Industrie für die Einführung von Datenstandards. Die Vereinheitlichung von Schnittstellen scheitere nicht am Willen der Industrie, sondern häufig an Ländergrenzen und der Vielfalt der länderspezifischen Rahmenbedingungen. Datenstandardisierung müsse auf nationaler Ebene, wenn möglich sogar auf europäischer Ebene stattfinden. Er forderte die Politik auf, das Tempo bei der Harmonisierung zu erhöhen.
Die Vielfalt der bestehenden Datenplattformen aus dem Agrar- und Umweltbereich im Land Brandenburg beschrieb Lutz Kolbmüller, Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg. Er skizzierte die geplanten nächsten Schritte zu deren Veröffentlichung und Standardisierung. Auch die Frage der Eigentums- und Nutzungsrechte an den Daten sowie Aspekte der Datensicherheit wurden thematisiert.
Dr. Martin Kunisch vom KTBL wies darauf hin, dass Daten leicht zugänglich und nutzerfreundlich aufbereitet sein müssten, um Landwirte bei verschiedensten Entscheidungssituationen auch wirklich Unterstützung bieten zu können. Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft erstellt und veröffentlicht seit mehr als 50 Jahren Datensammlungen und liefert damit Grundlagen für Planungsrechnungen und betriebswirtschaftliche Bewertungen.
Die Moderation hatte Jörg Möbius, Redakteur Landtechnik der Bauernzeitung.
Die Veranstaltung fand amm 19. Nov. 2019, 18:00 bis 20:30 Uhr im ATB-Neubau CIRCLE statt, veranstaltet vom ATB in Kooperation mit dem Landesbauernverband Brandenburg im Rahmen des Projektes DiLan (Kommunikationshub Digitale Landwirtschaft).
Das vollständige Programm finden Sie unter www.atb-digitalfieldlab.de
Kontakt: Nina Schwab