Stoffliche und energetische Nutzung von Biomasse

Foto: ATB

31. Mai 2013: Forschen für die Wohlfühl-Milch

Praxismelkstand mit viertelindividuellem Melksystem (Foto: ATB)

Nicht nur am 1. Juni, dem internationalen Tag der Milch, wird viel Milch getrunken. Die  Milch hat einen festen Platz in unserer Ernährung und ist volkswirtschaftlich betrachtet ein „weißer Riese“. Mit seiner interdisziplinären Forschung entlang der Wertschöpfungskette Milchgewinnung arbeitet das Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam an Haltungsverfahren und tierindividueller Melktechnik, um Tiergesundheit und Milchqualität auf höchstem Niveau zu gewährleisten.    

Stallmodelle im Windkanal, Sensoren im Melkbecher, Bewegungs-Tracker an der Fessel – Forschungsdetails, die am Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam eingesetzt werden, um die Wertschöpfungskette Milchgewinnung zu verbessern. Mit einem ganzheitlichen Ansatz wird am ATB der Produktionsprozess untersucht und weiterentwickelt – zum Wohle von Kühen, Landwirten, Melkern, Konsumenten und letztlich auch zum Schutz von Umwelt und Klima. Die Forschungsaufgaben reichen von der Tierhaltung (Tiergesundheit, Stallklima und Emissionen) über die Ergonomie und Technik der Milchgewinnung bis zur online-Bestimmung der Milchqualität.  

Milchqualität beginnt im Stall. Kühe sind Hochleistungstiere, vergleichbar mit Spitzensportlern. Nur Kühe, die sich wohlfühlen, können große Mengen qualitativ hochwertiger Milch erzeugen. Ein Wohlfühlfaktor ist die Qualität der Stallluft. Die Ermittlung und Minderung von Emissionen einschließlich der Gestaltung des Stallklimas sind ein Schwerpunkt der Forschung des Instituts. Studien in Tierhaltungsanlagen und physikalische Modellierungen im ATB-Grenzschichtwindkanal liefern wertvolle Erkenntnisse über gasförmige Emissionen und Möglichkeiten ihrer Verminderung. Langfristiges Ziel der Potsdamer Wissenschaftler ist der „Null-Emissionen-Wohlfühl-Stall“, ein Haltungskonzept, das künftig Milchgewinnung bei bestmöglichem Tierwohl und minimalen Emissionen verwirklichen soll.  

Obwohl die Arbeit im Melkstand mit einer Reduzierung der physischen Belastung einhergeht, äußern im Mittel 85 % der Arbeitskräfte Beschwerden im Bereich des Muskel-Skelett-Systems. Frauen sind deutlich häufiger betroffen. Ziel der Forschung am ATB ist u. a. eine bessere Anpassung der Melkstände an den Menschen, nicht nur in technischer sondern auch in arbeitsorganisatorischer Hinsicht. 

Im Fokus der ATB-Forscher steht auch die Weiterentwicklung viertelindividueller Melksysteme. Während in konventionellen Melkmaschinen die ermolkene Milch aus den vier Eutervierteln unterhalb des Kuheuters über ein Sammelstück zusammengeführt wird, ermöglichen viertelindividuelle Melksysteme eine separate Ableitung der Milch über vier Einzelschläuche. Das leichtere System reduziert nicht nur die Arbeitsbelastung für Melker messbar, auch für die Kühe wirkt es entlastend. Eine am ATB entwickelte tierfreundliche Regelungseinheit zur Vakuumfeinsteuerung sorgt dafür, dass das Vakuum für jedes Euterviertel in Abhängigkeit vom Milchfluss separat gesteuert werden kann. Bei niedrigen Milchflüssen wird das zitzennahe Vakuum reduziert und so das Eutergewebe geschont.  

Sensorgestützte Analyse- und Steuerungseinheiten im Melkbecher sollen künftig dazu beitragen, viertelindividuell nicht nur die Milchqualität analysieren zu können, sondern u.a. auch Krankheiten wie Mastitis frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Bakteriell bedingte Eutererkrankungen bedeuten nicht nur eine gesundheitliche Belastung für die Kuh, sondern auch einen hohen wirtschaftlichen Verlust, denn die Milch kranker oder medikamentös behandelter Tiere muss verworfen werden. Etwa 16 % der Kühe in Deutschland sind betroffen. Noch fehlen geeignete Methoden, die mit wenigen Schritten schnell und zuverlässig somatische Zellen während des Melkvorgangs detektieren können. ATB-Wissenschaftler sind aktuell dabei, die Grundlagen für eine solche online-fähige Methode zu entwickeln.    

mehr Informationen zur ATB-Forschung

  • Milch - Facts 
    2012 lieferten in Deutschland 4,2 Mio. Kühe, ein Drittel des Rinderbestandes, in 83.000 Betrieben insgesamt 30,5 Mio Tonnen Milch. Die durchschnittliche Milchleistung pro Kuh stieg auf annähernd 8.200 kg an - bei insgesamt rückläufigen Tierzahlen und sinkenden Milchpreisen. Der wirtschaftliche Schaden durch Mastitis wird auf mehr als 250 Millionen Euro jährlich geschätzt.           
    Der durchschnittliche Milchkonsum pro Bundesbürger liegt bei 53,8 kg Milch pro Jahr.    

Kontakt

Dr. habil. Sandra Rose  

Helene Foltan

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